Von Carsten Richartz
Anfang Dezember konnte ich durch Zufall eine stillgelegte Ka 8 geschenkt bekommen, weil Segelflieger in England kurzfristig einen Hangar räumen mussten und deshalb keinen Platz mehr für die weitere Einlagerung hatten. Fotos von Flugzeug und Dokumenten ließen bald erkennen, dass es sich um die alte Ka 8 der LSG Frechen handeln mußte.
Nach einigen verrückten Ideen, wie man die Ka 8 nach Deutschland holen könnte, blieben nur zwei Möglichkeiten: Entweder man verbindet eine Tour mit dem „65“-Anhänger mit einigen Tagen Urlaub an der englischen Südküste – was eher im Sommer interessant erscheint – oder es findet sich rasch jemand, der zufällig in die Gegend kommt.
In Gesprächen mit Freunden und ehemaligen Clubmitgliedern unserer LSG Kesselsweier, die in England leben oder dort zu tun haben, sprach Ralf davon, dass seine Firma gerade einen Tag zuvor in Portsmouth gewesen sei und vielleicht die Möglichkeit bestehe, dass sich in Kürze wieder eine solche Tour ergeben würde.
Die englischen Fliegerkollegen hatten inzwischen die Ka 8 aus dem Abstell-Lager geholt, den Staub abgewaschen und etliche Fotos übersandt. Weitere Überlegungen begannen: Wie würde man die Ka 8 beim Transport befestigen können? Wie würde sie aufgeladen werden können? Henry und Dave vom PNGC (Portsmouth Naval Gliding Club) waren sehr hilfsbereit und geduldig, mußten aber bis Ende Januar den Hangar räumen. Nach zahlreichen E-Mails boten sie mir netterweise noch einen offenen Anhänger für 100 Pfund an.
Dann ging alles plötzlich ganz schnell. Letzten Freitagabend rief Ralf mich an und sagte, Samstag wäre ein LKW in der Nähe und könnte die Ka 8 am Vormittag aufladen. Jetzt war Spontanität gefragt; eine Anfrage an Dave und die Verabredung kam zustande. Als am Samstagmorgen dann ein LKW am Tor des ehemaligen Militärflugplatzes vorfuhr, staunten die Clubkollegen des PNGC sicher nicht schlecht, dass an Stelle einiger verrückter deutscher Segelflieger, die ein altes Flugzeug abholen wollten, ein Sattelschlepper vor ihnen stand. Selbst der LKW-Fahrer hatte großen Spaß an der Geschichte, weil es nicht oft vorkomme, dass man mit Begleitschutz über einen Flugplatz zu einer gigantischen Halle fahre. Danke an ihn und vor allem an die englischen Fliegerfreunde, die den Vogel behutsam auf den Auflieger geladen haben. Sicher haben sie jetzt eine weitere Anekdote in ihrer Club-Geschichte zu erzählen. Ralf sandte noch einige Fotos vom Transport und wir freuten uns schon auf die Ankunft am Montag.
Kaum hatte die Ka 8 Unterschlupf im Raabenhorst genommen, bekam ich eine Nachricht von einer jungen Segelfliegerin aus England. Sie war sehr froh, dass die N15, wie sie das Flugzeug nannte, gerettet wurde und nun eine gute neue Heimat bekommen habe. Wenn niemand sie abgeholt hätte, wäre sie möglicherweise dem Lagerfeuer zum Opfer gefallen.
Geschichte der Ka 8
Jetzt steht also ein kleines Stück Geschichte wieder hier bei uns. Nach Durchstöbern der Dokumente kommen von Mal zu Mal mehr interessante Details ans Licht. Der damalige Erstflug der Ka 8 b als D-5117 fand am 9. Juli 1961 auf dem Flugplatz Köln-Butzweilerhof statt, wo ein Jahr zuvor die Segelflug Weltmeisterschaft ausgerichtet wurde. Auch Flüge von uns gut bekannten Segelfliegern wie Wilfried Großkinsky in 1974 und Olli Knischewski in 1984 kann man im Bordbuch bestaunen.
Beim genauen Betrachten des Rumpfes fiel uns zu unserer Überraschung ein einlaminiertes Typenschild in der Gfk-Rumpfschale auf. Es brachte zum Vorschein, dass die Rumpfschale aus einer kleinen Serie der LSG Kesselsweier stammte, die damals hier im Raabenhorst für andere Vereine angefertigt wurde. Sie kommt also aus der Form unserer Ka 8 W D-5665, wie auf dem Foto zu erkennen ist.
Was nun im Einzelnen gemacht werden muss, um das Flugzeug wieder in die Luft zu bekommen, ist sicher erst nach einer kompletten Durchsicht der Teile zu beurteilen. Aber es ist sicher ein schönes Projekt, mit einer tollen Geschichte, das irgendwann wieder fit gemacht wird. Und für schöne gemeinsame Flüge mit unserer Ka 8 W ist sie bestimmt auch gut geeignet. Außerdem könnte der Bau einer Cabriohaube im Sommer ebenfalls für viel Spaß sorgen.
Als die Ka 8 in den 80er Jahren noch das Standard-Schulflugzeug im Club war, galt unser Grunau Baby mit Baujahr 1943 schon als Oldtimer. Heute ist sie selbst über 50 Jahre alt und allen Orten bereits durch LS 4 und Co. abgelöst. Somit gehört eine Ka 8 inzwischen als „mid-century Klassiker“ auch schon zum „alten Holz“. Ich bin gespannt, was daraus wird.